Alles wird teurer – Energie, Treibstoffe, Lebensmittel. Die Inflation in Deutschland hat Fahrt aufgenommen. Doch was passiert bei einer Geldentwertung mit meinen Schulden? Kann ich als Kreditnehmer von einer hohen Inflation profitieren? Vielfacht wird landläufig angenommen, dass bei einer Geldentwertung die Schulden sinken. Ganz so einfach ist es in der Praxis dann aber doch nicht.
Wir haben uns für Sie näher mit den Schulden während einer hohen Inflationsphase befasst.
Schuldner bleiben Schuldner
Fakt ist erst einmal, dass ein Schuldner ein Schuldner bleibt. Eingegangene Kreditverpflichtungen ändern sich nominell nicht. Wer zum Beispiel einen Ratenkredit in Höhe von 20.000 Euro bei seiner Bank aufgenommen hat, schuldet dieser weiterhin den kompletten Betrag. Die Kreditraten bleiben ebenfalls unverändert.
Richtig ist lediglich, dass die Forderung des Gläubigers an realen Wert verliert. Das Kreditinstitut verdient weniger an den Darlehen, da der Gegenwert des Geldes geringer wird.
Für Sie als Kunde kann sich Inflation beim Bedienen der Kredite sogar negativ auswirken. Da ihre anderen Kosten – wie eingangs erwähnt – steigen, wird’s praktisch immer schwieriger die Kredite pünktlich zurückzahlen. Eine hohe Inflation wird von den Banken immer als Risiko gesehen. Die Geldhäuser kalkulieren mit höheren Kreditausfällen.
Das Bestreben der Banken
Wichtig beim Blick auf ihre Schulden ist immer der eingegangene Kreditvertrag. Im Zuge der letzten Leitzins-Erhöhungen der EZB haben die Kreditinstitute natürlich nachgezogen und ihre Darlehenszins-Angebote erhöht. Das Ziel einer Bank ist es immer, einen Durchschnittszins vorzuweisen, der sich oberhalb der Inflationsrate bewegt. Die zurückliegenden Monate haben bewiesen, dass dies faktisch aber nicht immer möglich ist. Marschiert die Inflation rasant nach oben, können die Banken nicht entsprechend (sofort) nachziehen.
Für Sie sind die Details im Kreditvertrag relevant. Immobilien- und Baudarlehen sind meist über einen längeren Zeitraum mit einer Zinsbindung versehen. Der Gläubiger kann diese Zinsforderung ändern. Als Kunde sind Sie an dieser Stelle a) auf der sicheren Seite, sparen b) über die Geldentwertung aber nur indirekt.
Flexible Zinsen bei Ratenkredite und bei Dispos
Ganz anders sieht die Situation bei Ratenkrediten mit flexiblen Zinssätzen sowie vor allem bei den Dispokrediten aus. Die Gläubiger sind hier in der Lage, die Kreditkosten anzupassen. Es gibt heute schon Dispokredite von Banken, die bei einem Zinssatz von ca. 15 Prozent liegen. Bei geduldeten Überziehungen über den Disporahmen hinaus, wird’s sogar noch teurer.
Die Zinsänderungen bei den Ratenkrediten sind in der Praxis nicht ganz so schnell, aber ebenfalls erkennbar. Eine Umschuldung eines alten Ratenkredites in ein neues Darlehen ist nur dann sinnvoll, wenn der neue Vertrag mit einer Verlängerung der Laufzeit verbunden ist.
Banken können auch fixe Konditionen ändern
Auf einen Punkt wollen wir noch gesondert hinweisen. Es gibt im Bürgerlichen Gesetzbuch einen Paragraf, der nur wenige Verbraucher kennen. Im § 313 des BGB ist lesen, dass die Gläubigerbanken einen Anpassungsanspruch der Zinsen haben, sofern eine Störung ihrer Geschäftsgrundlage vorhanden ist. Die Ausführung ist sicherlich für Laien etwas schwammig formuliert. Die Gerichte haben jedoch bereits in der Vergangenheit mehrere Grundsatz-Urteile gefällt, aus denen hervorgeht, dass die Inflation zur Störung der Geschäftsgrundlage gehört.
Im Umkehrschluss heißt dies, dass die Banken auch bestehende längerfristige Verträge anpassen können, sollte die Inflation den Geschäftsbetrieb bedrohen. In einem derartigen Stadium befinden wir uns in Deutschland momentan aber „noch“ nicht.
Hyperinflation kann zur Entschuldung führen
Zu einer wirklichen Entschuldung kann es in der Praxis nur im Zuge einer Hyperinflation können. Das beste Beispiel hierfür ist Deutschland in den Jahren 1923 und 1924. Damals hatten die Anleihen des Kaiserreiches in Höhe von 164 Milliarden Mark auf dem Gipfel der Inflation lediglich einen realen Gegenwert von 16,4 Pfennigen.
Vor der Hyperinflation greift der Staat ein
Wer glaubt, dass mit der Geldentwertung die Schulden sukzessive verschwinden, ist auf einem Irrweg. Die Rechnung darf nie ohne den Staat gemacht werden. Bei sehr langen und hohen Inflationsphasen wird der Staat immer zwischen den Wirtschafts- und Bankinteressen und den Privathaushalten abwägen. Im schlimmsten Fall kommt es zu einem Schnitt, einer Währungsreform.
Auch hier gibt’s ein Beispiel aus der deutschen Geschichte, den Wechsel der Reichsmark zur D-Mark im Jahre 1948. Damals wurden Guthaben im Verhältnis von 100:6,5 gewechselt. Für damals bestehende Hypothekenkredite galt aber eine Umrechnung von 100:10. Die reale Schuldenlast der Verbraucher ist damals, allein durch diesen Umrechnungskniff, sofort um 50 Prozent gestiegen.
Neue Kreditaufnahmen nicht wirklich ratsam
Die Frage – was passiert bei einer Geldentwertung mit meinen Schulden – wird von einigen Bürgern recht pragmatisch beantwortet. Der Glaube, dass sich die Schulden quasi von selbst in Luft auflösen, führt zu neuen Kreditaufnahmen. Wir halten diesen Weg aber für falsch. In der aktuellen wirtschaftlichen Lage mit hoher Inflation sind neue Darlehen sicherlich nicht der richtige Weg.