Es war die Finanzschlagzeile der zurückliegenden Woche, die jedoch keine Überraschung darstellt. Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins abermals merklich angehoben, auf neun 3,0 Prozent. Damit ist die EZB abermals einen Sprung von 0,5 Prozent gegangen.
Der Einlagenzins der EZB wurde parallel ebenfalls angehoben, auf nun 2,5 Prozent. Gültig sind die neuen Zinssätze seit dem 8. Februar. Wir haben Ihnen in den News alle relevanten Informationen für Leitzinserhöhung der EZB zusammengestellt, einige Stellungnahmen eingesammelt und geben schlussendlich noch einen kleine Ausblick.
Warum wurde der Leitzins erhöht?
Das Ziel der Europäische Zentralbank ist es, die Inflation auf einem vorgegebenen, geplanten Niveau von zwei Prozent zu halten. Mit dem Leitzins kann die EZB die Geldmenge in der Eurozone direkt beeinflussen. Im Prinzip ist der Zinssatz die einzige Möglichkeit der europäischen Währungshüter, den Markt und damit die Inflation direkt zu beeinflussen.
Die Verbraucherpreise sind 2022 im Euro-Raum durch die Decke geschossen. Bereits im Juli 2022 hat die EZB erstmals eine Zinsanpassung vorgenommen. Seither sind mehrere Schritte nach oben erfolgt.
Die Inflation hatte im Oktober und im November in Deutschland zum Beispiel bei deutlich über 10 Prozent gelegen. Im Dezember ist die Inflation auf 8,6 Prozent gesunken, jedoch nicht aufgrund der Leitzinspolitik, sondern aufgrund der staatlichen Hilfsmaßen. Egal wie, vom eigentlichen Inflationsziel von zwei Prozent ist Europa aktuell Lichtjahre entfernt.
Mit der Leitzins-Erhöhung soll das Sparen für die Verbraucher wieder attraktiver gemacht werden. Die Bürger in der EU sollen angehalten werden, ihr Konsum einzuschränken. Sinkende Nachfrage soll dann zum Ablaufen der Preise und damit der Inflation führen. Auf der anderen Seite werden durch die Leitzinserhöhung der Kreditaufnahmen für die Unternehmen und die Bürger teurer, was gleichfalls zum Absinken der Geldmenge und der Konsumaktivitäten führt.
Die unterschiedlichen Leitzinsen der EZB
In den Mainstream-Medien wurde nur von der Leitzins-Erhöhung auf 3,0 berichtet. Dies ist nicht falsch, es gibt aber in der Praxis Abstufungen, die wir ihnen kurz erläutern möchten.
Hauptrefinanzierungssatz
Der Hauptrefinanzierungssatz ist der „bekannte“ Leitzins – aktuell also 3,0 Prozent. Er gibt an, zu welchen Konditionen sich die Banken kurzfristig (für zwei Wochen bis zu drei Monaten) Geld von der Europäischen Zentralbank leihen können.
Spitzenrefinanzierungssatz
Der Spitzenrefinanzierungssatz ist auf 3,25 Prozent gestiegen. Er wird berechnet, wenn Banken schnell (konkret über Nacht) neues Geld von der Europäischen Zentralbank benötigen.
Einlagezins
Der Einlagezins wird von der EZB an die Banken gezahlt, wenn diese ihre Geld parken (nicht benötigen). 2020 lag dieser Zins im Minusbereich, sprich die Banken mussten für die EZB Einlage bezahlen. Aktuell wurde der Einlagezins auf 2,5 Prozent angehoben.
Die Reaktionen auf die Leitzins-Erhöhungen
Die erster Reaktion auf die neuen Euro-Leitzinsen ist von den niederländischen Währungshütern gekommen. Aus der holländischen Staatsbank war zu hören, dass man von der EZB noch schnellere, entschiedenere Zinsschritte erwartet. Bereits im März muss zwingend die nächste Anhebung erfolgen. Im Mai sollte es abermals einen Zinsschritt nach oben geben. Die von einigen Experten propagierte Zinswende dann bereits im Sommer halten die Niederländer für falsch. Es muss, so die Ansicht der niederländischen Staatsbank, weiterhin nur aufwärts gehen, a) in großen Schritten und b) in schnellen Zeitabständen. Die bisherigen Zinserhöhungen seien mehr oder weniger verpufft.
Aus der deutschen Bundesbank war mittlerweile ähnliches zu hören. Die hiesigen Finanz-Experten halten eine Zinsstagnation für den Sommer und das zweite Halbjahr 2023 für ausgeschlossen. Wer von einem Abwärtszins spreche, gebe ich einer Illusion hin. Der Zins-Weg nach oben sei noch lange nicht erreicht.
Unsere Einschätzung der Zins-Situation
Wir gehen in unserer neutralen Einschätzung zur Entwicklung der Zinsen im Euro-Raum absolut konform mit den Einschätzung der niederländischen Staatsbank und der deutschen Bundesbank. Ein Abflachen der Zinserhöhungen wird’s in den kommende Monaten nicht geben.
Verbraucher, die deine Kreditaufnahme – beispielsweise für einen Hausbau oder eine Baufinanzierung planen – müssen sich noch über einen längeren Zeitraum gedulden. Moderate Zinsen wie vor dem Ukraine-Kriege üblich, wird’s so schnell nicht wieder geben. Wer jedoch Geld anlegen will, sollte sich momentan nicht für eine langfristige Anlageform entscheiden, sondern sein Kapital verfügbar halten. Es wird in den kommenden Monaten bessere Konditionen für Tagesgeld und andere Geldanlagen geben.