Die Bedeutung von Eigenkapital bei der Baufinanzierung
In Zeiten der Hochzinsen der 80er und 90er Jahre war eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital des Kreditnehmers aus Banken- und Kundensicht unvorstellbar. Dies hing vor allem damit zusammen, dass der anfängliche Tilgungsanteil auch bei einem Fremdkapitalanteil von 60 bis 80% schon unglaublich gering war. An eine Vollfinanzierung mit 110 oder 120% Fremdkapital konnte überhaupt nicht gedacht werden, da die Darlehen bei einer üblichen Ratenhöhe um die 1000 DM für Laufzeiten jenseits der 35 Jahre gesorgt hätten.
Eines der obersten Finanzierungsgesetze „Das Erreichen von Schuldenfreiheit bei Rentenbeginn“ galt jedoch auch schon vor 30 Jahren. Auch in der aktuellen Niedrigzinsphase, wo das Verhältnis von Zins- und Tilgungsanteil ein vollkommen anderes ist, sind Finanzierungen ohne Eigenkapital nach wie vor nicht zu empfehlen. Dies hängt beispielsweise damit zusammen, dass vorhandenes Eigenkapital ein wichtiger „Nachweis“ für die Bank ist, welcher beispielsweise zeigt, dass der Kreditnehmer zusätzlich zu den monatlichen Mietaufwendungen, welche in leicht erhöhter Form meist als spätere Finanzierungsrate gewählt werden, noch monatlich Geld übrig hatte, um Rücklagen aufzubauen und zu sparen. Vorhandenes Eigenkapital ist damit ein wichtiger Faktor für die Kreditwürdigkeit und kann das „Zünglein an der Waage“ sein, wenn es um die Finanzierungsbewilligung geht.
Diese Dinge werden als Eigenkapital angerechnet
Wenn es um den Nachweis von vorhandenem Eigenkapital geht, so zählt keineswegs nur vorhandenes Bankguthaben, welches sich beispielsweise auf einem Sparbuch oder Tagesgeldkonto befindet. Auch angespartes Guthaben, welches sich in Lebensversicherungen, Aktienfonds oder Bausparverträgen befindet, wird von der Bank als Eigenkapital angerechnet. Sofern ein Kreditnehmer beispielsweise vor dem Bau eines Hauses bereits Material besitzt, welches im Rahmen des Bauprozesses eingesetzt wird, so kann der Materialwert ebenfalls als Eigenkapital berechnet werden. Gleiches gilt für die so genannten „Eigenleistungen“, welche für viele Bauherren ein ganz entscheidender Punkt sind.
Wer beispielsweise von Beruf Elektriker oder Dachdecker ist, der kann beim Bau seines eigenen Hauses natürlich mit „anpacken“. Gleiches gilt, wenn man Handwerker in der Familie oder im Freundeskreis hat. Steckt ein Kreditnehmer Arbeit und Zeit in das Errichten seines Hauses, so wird dies von der Bank honoriert. Die geleisteten Arbeitsstunden werden mit einem pauschalen Stundenlohn berechnet und anschließend als Eigenleistungen kapitalisiert. Eigenleistungen sorgen schließlich dafür, dass beispielsweise die Handwerker eines Bauunternehmers nicht tätig werden müssen, was mit Blick auf die Finanzierung natürlich Geld spart.
Warum vorhandenes Eigenkapital enorm wichtig ist?
Vorhandenes Eigenkapital ist aus unterschiedlichen Gründen enorm wichtig. Ein Eigenkapital von beispielsweise 20 bis 30% sorgt zuerst einmal dafür, dass die Bank keinen beziehungsweise keinen großen „Blankoanteil“ hat. Dies bedeutet, dass sämtliches Fremdkapital sich kumuliert unter der so genannten Beleihungsgrenze befindet. Dies ist zwar ein Thema, welches auf den ersten Blick nur die Sicherstellung im Grundbuch betrifft, die Beleihung ist jedoch von entscheidender Bedeutung, wenn es um den Zinssatz geht. Idealerweise befinden sich die Darlehen der Bank entweder im 60-prozentigen oder 80-prozentigen Beleihungsbereich. Dies sorgt für optimale Konditionen und verhindert Zinsaufschläge, welche bei einer Beleihung von 100 – 120% (Kaufpreis + Nebenkosten + gegebenenfalls Modernisierung als Fremdkapital) an der Tagesordnung sind.
Dazu sorgt vorhandenes Eigenkapital ganz einfach dafür, dass weniger Darlehen aufgenommen werden muss, was natürlich für eine Kostenersparnis und Laufzeitverkürzung sorgt. Wer mit einer monatlichen Rate von 1000 Euro 220.000 Euro statt 250.000 Euro zurückzahlen muss, der hat ab Tag eins einen höheren Tilgungsanteil. Dazu sorgt einzig und allein Eigenkapital dafür, dass die Finanzierung „gesund“ und solide aufgestellt wird. Bei einer Vollfinanzierung ist vor allem das Zinsänderungsrisiko, welches der Kunde nach Ablauf der Sollzinsbindung hat, ein kritisches Thema. Viele Banken fordern von ihren Kunden lange Zinsbindungen, wenn sie eine Vollfinanzierung begleiten sollen. Dies sorgt zwar für eine gewisse Sicherheit, allerdings ist der Zinssatz ebenfalls deutlich höher, was je nach Zinsentwicklung natürlich für Mehrkosten sorgt.
Fünf Punkte: Deshalb sollte auf Eigenkapital nicht verzichtet werden…
1) Eigenkapital sorgt für Kreditwürdigkeit und spiegelt der Bank „gesunde“ finanzielle Verhältnisse wieder. Der Kreditgeber erkennt durch Eigenkapital, dass der Kunde mit Blick auf die geforderte Kapitaldienstfähigkeit, zusätzlich zur anfallenden Miete noch sparen konnte. Eigenkapital ist damit ein klarer „Pluspunkt“ bei der Finanzierungsbewilligung.
2) Durch den Einsatz von Eigenkapital wird bereits ab Tag eins der Finanzierung jede Menge Geld gespart. Dies hängt damit zusammen, dass Monat für Monat weniger Fremdkapital verzinst wird und dadurch ist der Tilgungsanteil der monatlichen Rate höher.
3) Vorhandenes Eigenkapital sorgt dafür, dass eine gewünschte Finanzierung, innerhalb eines Zeitraumes von 20 bis 30 Jahren mit einer für den Kunden angemessenen Rate überhaupt möglich ist. Bei Kauf- und Baupreisen von über 200.000 oder sogar 400.000 Euro kann eine bedenkenlose Finanzierungsdauer nur durch Eigenkapital erreicht werden. Die Höhe der monatlichen Rate ist schließlich begrenzt und dazu möchte man als Kreditnehmer natürlich auch noch „leben“ können (Kauf eines neuen Autos, jährlicher Urlaub etc.)
4) Die geringere „Verschuldungsquote“ gibt Sicherheit für den Alltag. Im Laufe einer Finanzierung, welche in der Regel 20 bis 30 Jahre dauert, kann so manches passieren. Auch in kritischen Phasen wie Krankheit oder kurzfristiger Arbeitslosigkeit muss immer eine Lösung gefunden werden. Dies ist jedoch wesentlich einfach, wenn man sich bei Finanzierungsbeginn nicht komplett „überschuldet“ hat. Wer im Verhältnis zum Wert seiner Wohnung beziehungsweise seines Hauses weiß, dass er 20 bis 30% in Form von Eigenkapital gezahlt hat, besitzt die Sicherheit, dass der Immobilienwert immer deutlich über den offenen Verbindlichkeiten liegt. Dies ist beispielsweise auch ein wichtiger Aspekt, wenn unabhängig von der Baufinanzierung, noch einmal ein Kredit aufgenommen werden soll.
5) Eigenkapital verhindert Zinsaufschläge und sorgt für optimale Konditionen gemäß dem jeweiligen Zinsniveau. Wenn ein Kreditnehmer kein Eigenkapital mitbringt, so hat die Bank grundsätzlich ein viel höheres Risiko. Dieses Risiko lässt sich die Bank mit Blick auf den Zinssatz natürlich bezahlen, weshalb Eigenkapital immer wichtig ist, um günstige Konditionen zu erhalten.
Eigenkapital bei der Baufinanzierung nicht ratsam
Es gibt zahlreiche Argumente, welche zeigen, dass eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital nicht ratsam ist. Je mehr Eigenkapital der Kreditnehmer mitbringt, desto solider ist seine Baufinanzierung bereits ab Tag eins aufgestellt. Das Eigenkapital sollte dabei jedoch mindestens über den anfallenden Nebenkosten des Eigentumserwerbs liegen. Dieses Kriterium ist entscheidend für den Zinssatz und sorgt schnell für eine Ersparnis von mehreren Tausend Euro!