Zurückgehendes Finanzierungsvolumen, notleidende Kredite, steigende Inflation, globale Unsicherheit, Rezession – von einigen Experten wird schon wieder eine weltweite Finanz- und Bankenkrise heraufbeschworen. Die Zahlen belegen aber, dass wir aktuell davon meilenweit entfernt sind. Im Gegenteil, die Statistiken zeigen, dass die europäische Banken heute so profitabel sind wie seit 2007 nicht mehr. Wir haben ihnen in den News die wissenswertesten Informationen zusammengestellt.
Global Banking Annual Review gibt Aufschluss
Die Zahlen zur Banken-Rentabilität sind im Global Banking Annual Review der Unternehmensberatung McKinsey zu finden. Die Studie wurde im Dezember letzten Jahres veröffentlicht. Sie enthält die vorläufigen Zahlen für 2022. Die genauen Ziffern dürften nur wenig neben den letzten Schätzungen liegen.
McKinsey hat in der Analyse festgestellt, dass die europäischen Banken in Sachen Rentabilität noch immer nicht mit den Kredithäusern in Amerika und in Asien mithalten können die dortigen Banken arbeiten seit jeher effizienter auf Gewinn getrimmt. Trotzdem wird der hiesige Bankenmarkt als robust und profitbringend eingeschätzt.
Die Eigenkapitalrendite der Banken weltweit ist 2022 von 11,5 Prozent auf 12,5 Prozent angestiegen. In Europa ist der Renditewert erstmals seit 2007 wieder zweistellig. Die Zahlen belegen, dass die Banken über genügend Eigenkapital verfügen, um etwaige schwächere Phase in der Zukunft abzufedern, respektive problemlos zu überstehen.
Zinsanstieg spült Geld in die Kassen
Die Steigerung der Einnahmen der Banken hat einen einfachen Grund. Die neue Zinspolitik spült den Kreditinstitutes neues Geld in die Kasse. Die Trendwende aufgrund der Inflation spielt den Banken im wahrsten Sinne des Wortes in die Karten. Jahrelange mussten sich die Bankhäuser mit Negativ- oder Nullzinsrunden herumquälen. Sie haben von den Zentralbanken für ihre Einlagen kein Geld erhalten bzw. musste für das hinterlegte Kapital sogar noch bezahlen. Dies gehört mittlerweile der Vergangenheit an. Die EZB, die FED sowie andere Zentral- und Währungsbanken haben die Zinsen in den zurückliegenden Monaten in zum Teil drastischen Schritten erhöht.
Laut der Berechnung von McKinsey ist allein durch die Zinsanhebung die Einnahmeseite der Banken global um 345 Milliarden Dollar gewachsen, auf nun rund 6,5 Billionen Dollar (umgerechnet ca. 6,3 Billionen Euro).
Der Leiter der Banken-Beratung bei McKinsey in Deutschland und Österreich, Max Flötotto, betonte in seiner Stellungnahme zur Studie, dass der Profitabilitätsunterschied zwischen Amerika und Asien auf der einen Seite sowie Europa auf der anderen Seite weiterhin bestehen werde. Die europäischen Banken haben in Sachen Eigenkapital den Rückstand in den zurückliegenden Jahren aber Boden gutgemacht.
Mögliche Gefahr in den kommenden Monaten und Jahren
Die Fachleute von McKinsey zeigen zwar ein aktuell ein sehr gutes Bankenbild auf, verschweigen in ihrer Stellungnahme aber auch die Risiken nicht. Es könnte in den kommenden Monaten und Jahren durchaus zu einigen Verwerfungen am Finanzsektor kommen, wobei große Bankenpleiten aber ausgeschlossen werden. Aktuelle Aufwind der Zinsen muss von den Kredithäusern genutzt werden, um sich neu aufzustellen. Folgende Dinge sind wichtig:
- Die Banken müssen sich von notleidenden Krediten und wertlosen Anleihen in ihren Bilanzen befreien.
- Es muss vielfach eine neue technologische Infrastruktur geschaffen werden, um sich gegen die zunehmenden Cyber-Attacken zu schützen.
- Mutige Entscheidung im Personalbestand sind treffen. Die Kreditinstitute müssen schlanker und damit widerstandsfähiger werden und zwar kurzfristig.
- Es müssen neue Konzepte für ein langfristiges Wachstum entwickelt werden, unter der Annahme, dass die Kreditnachfrage und das Anlagevolumen der Kunden sinkt.
Rückgang der Renditeprofite sehr wahrscheinlich
Es ist nicht klar, wie sich die Weltwirtschaft in den kommenden Jahren bei anhaltenden Krisen entwickeln wird. Die Vorausschau der Unternehmensberatung auf die kommende Jahre fällt daher erwartungsgemäß vorsichtig aus.
Die Experten von McKinsey gehen aber davon aus, dass die Lieferketten weiterhin einige Monate gestört bleiben. Ein Ende des Krieges in der Ukraine ist nicht Sicht. Die Inflation sollte sich zwar abflachen, wird aber 2023 und 2024 nicht auf ein moderates Niveau fallen, da viele Preissteigerung erst jetzt an die Endverbraucher weitergegeben werden.
Sollte die Rezession weltweit anhalten, so wird diese natürlich auch auf den Bankensektor durchschlagen. Nach vorsichtigen Schätzung ist davon auszugehen, dass die Profitabilität der Kredithäuser bis 2026 auf sieben Prozent sinkt.